Monday, May 26, 2008

Obdachlos


Je langsamer die Wolken vorüberziehen, desto länger bleibt der Regen. Das habe ich gelernt in all den Jahren, die ich jetzt schon unter freiem Himmel schlafe. Das, und sicher noch einiges mehr. Es ist nass und kalt und das Feuer längst erloschen, an dem ich mich wärmte. Ich war nie gut darin, Feuer zu machen, doch es reichte stets zum Überleben. Ich komme wohl immer irgendwie durch.

Man sieht keinen einzigen Stern heute Nacht. Der Regen wird nicht aufhören. Und wie ich den Tropfen beim Aufprall auf den Fluss zusehe, gehst du über die Brücke, unter der ich lebe und ich erinnere alles, was du längst vergessen hast. Als deine Schritte verstummen, steht mir das Herz still, weil ich weiß, was passiert. Meine Glieder gelähmt vor Kälte, mein Willen zu schwach, mein Kopf zu müde. Nein, dieses Mal kann ich dich nicht auffangen, nicht aus dem Wasser ziehen, nicht... ich schwimme selbst schon zu lange in diesem Fluss. Wenn der Regen vorbei ist und die Flut vorüber, weiß ich, dann sehen wir uns wieder. Sofern dich nicht längst jemand anderes gerettet hat.

Oder du dich selbst.