Thursday, October 27, 2005

Die Björn-Identität

Wenn ich behaupte, ich möge Sonnenuntergänge, es würde mir wohl niemand glauben. Niemand? Nun ja, vielleicht ja doch. Jemand, der mich nicht so gut kennt, kann vielleicht nicht so genau abschätzen, ob ich so einen kitschigen Scheiß nun tatsächlich mag oder eben nicht. Und genau darin besteht die Grundlage männlicher Lockrituale.

Ein Beispiel: Er trifft ein heißes Chick, nennen wir es einfach mal H5N1, in einem Café. Nun verschüttet die holde Maid ihr koffeinhaltiges Heißgetränk ausgerechnet auf seine frisch gewaschene Lieblingshose. Natürlich hätte er nun jedes Recht der Welt ihr mit voller Wucht jeden Zahn einzeln aus ihrem nun entschuldigend drauflosplappernden Mundwerk zu schlagen, doch sie sieht gut aus, also setzt der natürlich Prozess der Selbstverleumdung ein. "Hey, das ist doch kein Problem. Ich wollte eh gerade nach Hause und die Hose wechseln." Das ist durchaus nicht leicht ohne jeglichen ironischen Unterton rüberzubringen, doch wenn es klappt, dann kann man schon mal die Angel auswerfen. Dies geschieht im Folgenden nun, indem man ihr einen Ersatz-Latte-Mappuccino bestellt und sich zusammen mit ihr und der klitschnassen Jeans, welche die nun aufquillenden Brandblasen am Oberschenkel verdeckt, an einen Tisch setzt und dann fröhlich drauflosplappert. "Hallo, ich bin Paco. (Lüge!) Das mit der Hose ist wirklich kein Problem. (Lüge!) Aber falls du dich trotzdem irgendwie revanchieren willst, ich habe zwei Karten (Lüge!) für den neuen (Lüge!) Film mit Matt Damon (äußerst dumme Lüge!) und der Freund, mit dem ich reingehen wollte (Lüge!), hat vor ner halben Stunde (Lüge!) abgesagt (Lüge! Lüge! Lüge!)...

Möglicherweise sollte man nicht ganz so plump vorgehen, wie in dem hier genannten Beispiel, doch selbst dies funktioniert anscheinend. Manchmal. Eher selten. Gut, annähernd nie, aber es ist ja nur ein Denkmodell. Kennt man doch aus dem Physikunterricht, ja?
Jedenfalls, Kino. H5N1 ist unpünktlich. Die Hand schon zu einer strammen Faust geballt, die nur darauf wartet, ihre zarten Wangenknöchelchen unsanft zu küssen, wartet leider vergebens, denn wer Gentleman ist, der wartet mit der Gewalt, bis er bekommen hat, was er wollte. Also eine beschwichtigende Aussage à la "Kein Problem. Die Werbung wollte ich eh nicht sehen." und ab hinein, Matt Damon wartet. Der Film: Scheiße, wie erwartet. Die Frau: Begeistert, wie erwartet. Die Beischlafwahrscheinlichkeit: Hoch, wie sollte es auch anders sein.
Am Himmel blitzen die Sterne und der volle Mond scheint hell über den Dächern der Großstadt. Der perfekte Zeitpunkt, diese Banalitäten und Alltäglichkeiten zu erwähnen um weitere Beischlafpunkte einzuheimsen. Volltreffer! Sie schaut entzückt. Und wie man so durch die schwach beleuchteten Straßen schlendert, so tut, als ob man auch gerne Phil Collins hören würde und behauptet, man hätte früher mal Gedichte geschrieben und die krebskranke Oma gepflegt, da nähern sich auch schon ihre Lippen den seinigen. Rest kann man sich ja denken. Bisschen Geficksches und Tschüs. Männer!

Jetzt habe ich Schluckauf und meine Nase blutet. Außerdem ist Captain Jack verstorben. Hirnblutung. Was wohl seine letzten Worte waren? Na ja, ich will schlafen. Ich hab viel zu spät angefangen diesen Beitrag zu verfassen. Das hab' ich nun davon. "Glaubst du an die Liebe auf den ersten Blick oder soll ich nochmal reinkommen?" Den Satz wollte ich eigentlich da oben noch irgendwo unterbringen. Hab ich dann doch gelassen. Einfach vergessen. Vielleicht göttliche Fügung.

Gute Nacht.