Wednesday, October 26, 2005

"Mehr Licht!"

Berühmte letzte Worte. Da wären zum Beispiel Caesars "Auch Du, Brutus!", Picassos "Die Malerei muss erst noch erfunden werden!" oder auch Jesus Christus' "Es ist vollbracht!". Da kommt man natürlich schon mal ins Grübeln. Wer will schon was total Doofes sagen, wenn er kurz vor dem Abtreten steht? "Es gibt nur ein' Van der Vaaaaart!"...dann ein LKW, Bums, ätzend, oder? Die Sache hängt einem dann doch ewige Keiten nach. Seine letzten Worte waren...Tränen kullern die rauhen Wangen hinab...ein schluchzend vorgetragenes "Es gibt nur ein' Van der Vaaaart!"...das fünfte "a" geht in der Trauer unter, "nur ein' Van der Vaaaart", ja, so war er, der Papi.

Ist es nicht wirklich erschreckend, dass tagtäglich Menschen sterben, deren letzte Worte ein ähnliches Format hatten? Wie geht eine Frau damit um, wenn sie erfährt, dass die letzten Worte ihres Göttergatten "Ich bezahl' doch nicht für's Ficken, du dumme Hure!" waren? Und der Mann wusste nicht mal, was er mit diesen Worten seiner Familie antun würde. Das mit der Prostituierten ist auch nicht okay, klar, aber das hätten die ja nicht mitbekommen, hätte er sich nicht so in der Wortwahl vergriffen. Und bezahlt.

Ich denke, es ist deutlich geworden, worauf ich hinaus will. Man muss einfach in jeder Situation aufpassen, was man sagt, wenn man nicht Gefahr laufen will, als der größte Trottel in Erinnerung zu bleiben. Da spielt es auch keine Rolle, ob man vielleicht mal den Literaturnobelpreis erhalten oder das Rad erfunden hat. Wenn die letzten Worte scheiße sind, dann bleiben nur diese in Erinnerung. Wirklich! Kein Schmu! Die letzten Worte im Titel sind ja auch sehr berühmte. Und die sind echt mal nicht der Brüller. Darum erinnert man sich nur aufgrund dieser verbalen Nichtigkeit an diese Person. Das ist doch traurig. Es darf gerne geraten werden, vom wem diese Worte stammen. Schon raus? Dann zählen Sie doch ruhig mal alle "a"s in der Bibel.

Ich jedenfalls bin vorbereitet. Ich habe mir meine letzten Worte gut und weise überlegt. Man wird mich immer als den gutaussehenden Intellektuellen in Memoriam behalten, der ich immer gerne gewesen wäre. "Ich sterbe, wie ich gelebt habe: lang und qualvoll". Ja, so soll es sein. Meine letzten Worte. So voller Weltschmerz, Seelenpein und Tiefe, Melancholie und Weisheit, Tim und Struppi. Mit diesen Worten werde ich mich auf den langen Weg zum Licht am Ende des Tunnels begeben.
Da ich, um möglichst sicherzugehen, diesen Satz ca. alle zwei Minuten wiederholt aufsage, hat sich ein Zustand der sozialen Isolation eingestellt. Menschen meiden mich. Dabei brauche ich doch einen Protokollanten, der meine letzten Worte für die Nachwelt festhält.
Womöglich schwenke ich doch noch mal um. Auf "Es gibt nur ein' van der Vaaaaart" zum Beispiel. Immerhin erinnert man sich dann vielleicht überhaupt.