Man stelle sich vor, ich hätte das Rad erfunden. Wie wäre mein Leben wohl verlaufen verlaufen verlaufen... (visuelle Darstellung einer imaginären Rückblendensequenz)
Ich, gerade mal 14 Jahre alt geworden, gehe so durch die Straßen meiner Geburtsstadt Clermont Ferrant und frage mich, was könnte ich tun, um diese Straßen lebendiger, ja, belebter zu machen.
Dann die Idee!
Statt des üblichen Pflastersteins sollen fortan die Straßen aus lebendigen Goldhamstern bestehen. Das lockt Kinder und Kinder locken ihre Eltern und Eltern locken das Haar ihrer Kinder, damit sie auch hübsch ausschauen, wenn die anderen Eltern interessiert und neugierig herüberblicken.
Doch schnell kommen auch die Schattenseiten dieser neuen Straßenbaumethode ans Licht. Blutige Kinderfüße, quietschende Hamsterkadaver, erbärmlicher Gestank. Der Plan, die Menschen auf die Straße zu locken, er schlug fatalerweise ins Gegenteil um.
Traurig verstecke ich mich in meinem Kellerzimmer. Ich kauere mich zusammen und versinke in unendlichem Selbstmitleid. Ein Strick wird geknüpft, ich verdiene den Tod, doch plötzlich, diese kreisrunde Schlinge, kreisrund, das ist es, das ist die Idee! Die Idee meines Lebens!
Sofort mache ich mich ans Werk. Aus Holz schnitze ich mit handwerklichem Geschick den Prototypen, den Urvater, das Rad!
Raus aus dem Keller. Iiiih, Tageslicht. Doch nichts kann mich aufhalten. Ich werde meine Erfindung der Öffentlichkeit präsentieren. Ich werde der Menschheit diesen Dienst erweisen.
Begeisterte Reaktionen. Ich werde auf Händen und Füßen getragen. Verträge werden geschlossen. Die Automobilindustrie hat angebissen und ist bereit für meine revolutionären Visionen.
Monate später, ich gehe durch die Straßen, Motorendröhnen erfüllt meine Ohren, Kinderlachen erklingt und verstummt, hier und da quietscht noch ein Hamster, doch es werden weniger, mit jedem Automobil, das vom Band rollt. Immer und immer weniger...
Bei den Verträgen hätte ich vielleicht mehr rausholen können, denk ich so bei mir und löse den Gutschein bei Douglas ein. Be. Just be. Unisex.
Ich gehe nach Hause, zurück in mein verdunkeltes Kellerzimmer, frage mich, ob die Menschheit wirklich schon reif für das Rad war. War es vielleicht doch zu früh? Ein lautes Reifenquietschen von draußen unterbricht jäh meine Gedanken...
Der Ford hat ein Kind erfasst, schleift es 200 km mit, bis es, mittlerweile ohne Haut am Körper, an einer Leitplanke zerschellt. Der Mutter fällt vor lauter Schock glatt der Lockenstab aus der Hand. Als sie mich, mittlerweile bin ich rausgegangen, um mich über das Gequietsche vor meinem fensterlosen Loch zu beschweren, also, als sie mich erblickt, da schnaubt sie die Wut aus ihrer Nase. Es ist offensichtlich. Sie macht mich für den unnötigen Tod ihres Kindleins verantwortlich. Sie hebt den Lockenstab auf und geht schnellen Schrittes erst auf mich zu, dann auf mich los. Sie erwischt mich am Auge, dreht unbarmherzig und fremd jedes Gnadengefühls den Stab herum, bis er schließlich die Großhirnrinde meines, man ahnt es, Gehirns durchstößt. Da schaltet sie auf höchste Stufe und pürriert nahezu völlig den Inhalt meines Schädels. Tod.
...verlaufen verlaufen verlaufen (die Rückblende ist nun vorbei und ich erwache aus meinem Tagtraum).
Ja, so wäre es wohl gewesen, hätte ich das Rad erfunden. Ein Leben auf der Überholspur. Ein Leben in Saus und Braus und in vollen Zügen gelebt, das Leben. Hach. Na ja, um 7 Uhr morgens Blog schreiben ist ja auch nicht schlecht...