Sunday, May 10, 2009

Parasit

In mir wohnt ein Parasit. Er ernährt sich von mir. Er frisst meine Wut, meine Trauer, meine Unsicherheit. Er ist längst ein Teil von mir geworden. Ich gebe ihm Nahrung und er lässt mich schlafen. Ich schlucke alles runter, damit er satt wird. Damit er satt wird und still. Manchmal esse ich so viel, dass ich Angst bekomme, er könnte platzen. Und ich mit ihm. Dann merke ich, wie er sich ausdehnt, wie er gegen mein Inneres drückt und nach außen will.  Doch nach ein paar Stunden ist alles beim Alten. Und dann esse ich wieder. Ich werde immer dicker, weil er dicker wird. Längst ist es nicht mehr er, der mich braucht, ich brauche ihn so viel mehr. Er frisst alles Schlechte in mir einfach weg. Doch wo bleibt es dann? Und was bleibt dann noch von mir übrig?

Wer nichts wird, wird Wirt. Genau das bin ich geworden. In mir wohnt ein Parasit. Und irgendwann zieht er weiter und lässt nur meine leblose Hülle zurück.

Saturday, May 02, 2009

Gelbbremser

Jeder Mensch hat ein Schlagloch, in das mal einer fährt. Ein Riss im Asphalt, der nichts sagen will, der aber sagt "hier bin ich kaputt". Für den Fahrer ist es nur ein kurzer Rumms, doch bleiben größere Schäden auf der Strecke nicht aus. 
Je mehr einer spricht, desto mehr tut er weh. Ein ganz normaler Satz ist für manch einen ein Unheil, das er niemals vergisst. Alle sind Autofahrer, alle sind Straße. Von Airbags geschützt fährt's sich unbedachter. Da fährt man schneller als man sollte. Doch die Straße ist schweigsam und die Autos sind laut. So viel Verkehr und noch so viel mehr Stau. Risse und Löcher, vielbefahren, viel erfahren und es hört einfach nicht auf.
Dann stellt man Schilder auf, die sagen, "fahr' mal langsam, halt' mal an". Airbags für die Straßen, Worte abfedernde Knautschzonen, ohne die es nicht geht. Und es gibt Ampeln.
Eine Ampel kann eine Warnung, kann ein Freifahrtschein sein. Manche lässt man stehen, manche lässt man herein. Manche bleiben irgendwo dazwischen. Es sind die grünen Phasen, die einem die Löcher bescheren. Da ist wieder ein Wort vom Laster gefallen, weil man bei grünem Licht schon mal die Bremse vergisst. Ein neuer Riss im Asphalt.
Doch Rot ist keine Lösung, sonst steht alles still. Rot ist von allen das leerste Gefühl. Also belässt man's bei Gelb und sieht denen nach, die wie blöde noch schnell einmal drüber rasen, während man das Wesentliche außer Acht lässt. 
Gelbbremser fahren langsam, fahren bedächtig, passen auf. Sie reden nicht viel, doch sie sind da, wenn man sie braucht. Sie passen auf, was sie sagen, sie passen auf einen auf. Alle sind Autofahrer und Straße zugleich. Alle sind Rot oder Grün oder Gelb. Kaputte Straßen - und manche reißt man auf, um Kabelfernsehen zu verlegen. Als seien die Löcher und Risse nicht schon genug.