Saturday, June 27, 2009

Das Leben und Obst

Das Begräbnis war das Schönste, was sie je erlebte. Alle waren da und sie dachten daran, wie vergänglich das Leben und Obst sein kann. Besonders Erdbeeren. Alle weinten zusammen und machten sich Mut. Sie tranken Kaffee, aßen Kuchen, es ging ihnen nicht gut, doch sie wussten, das geht alles vorbei. Und die Orgel, die krachte und der Pfarrer sagte Worte, die jeder nickend zur Kenntnis nahm. Er war ein guter Mann, er war ein guter Vater, er war ein gläubiger Christ und er glaubte daran, dass das Leben als solches nie zu Ende gehen kann. Unter der Erde muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Zumindest für ihn, denn er war gerne allein.
Sie saß da, zwischen Leuten, die ihre Nachlässigkeit bereuten, sich nur so selten gemeldet zu haben. Zwischen Suppe und Braten, ließ sie sich beraten, wie sie das ganze Geld nun anlegen soll. So ein Kaiserwetter, sagte der Herr von der Hamburg-Mannheimer, der früher mal der Bruder des Verstorbenen war. Jetzt ist er im Notfall mit seinen Formularen und einem Zahnarztfrauenlächeln für sie da.
Die Angst vor diesem Tag, die sie vorher noch spürte, verschwand als ein Kind sie am Ellbogen berührte, mit einer schimmeligen Erdbeere in der Hand. Da kam dann die Mutter und schmiss die ganze Schale weg, da der Schimmel schon in den anderen Früchten steckt, auch wenn man ihn noch nicht sehen kann.
Sie schaute sich um und dann lächelte sie breit, denn sie wusste es kommt bald wieder die Zeit, Abschied zu nehmen, von diesem und jenem, wenn einer schimmelt, schimmeln auch die daneben. Und die Orgel hörte irgendwann einfach auf, der Herr Kaiser stoppte den Policenverkauf und der Regen wusch die traurigen Seelen rein. So schön wird keine Trauerfeier je wieder sein.
Sie nahm die Schale aus dem Müll und roch an einer Beere, sie roch noch das Leben, dann spürte sie die Leere. Doch sie wusste, das geht alles vorbei.