Saturday, October 17, 2009

Don't call it Schnitzel

Einer Frau hat jemand Soße auf die Bluse geschüttet. Das geht nie wieder raus, das geht nie wieder weg. Sie regt sich auf, doch es war nur ein Versehen. Der Kellner wird rot und fängt zu schwitzen an. Nur ein kleines Missgeschick, doch er weiß, es bricht ihm das Genick. Das ist ein feines Restaurant, sowas darf nicht passieren. Dem letzten Trinkgeld folgt ein Schreiben vom Chef und die Erkenntnis, dass ein kleiner Soßenfleck ganz schnell zu einer riesigen Pfütze Unheil heranwachsen kann.
Jetzt sitzt er da, bei seiner Freundin, und heult sich wortwörtlich aus. Sie sieht ihn zum ersten Mal weinen, doch es berührt sie nicht. Er schläft neben ihr ein und sie sieht ihn noch lange an, denkt an seine Tränen und wie kalt es sie ließ, ihn soweit unten zu sehen. Schließlich fasst sie einen Entschluss.
Noch vor dem Frühstück ist sie weg, mit den gemeinsamen Zukunftsplänen und all seiner Liebe im Gepäck. Nur zwei Scheiben Toast mit Marmelade lässt sie ihm zurück.

Er sieht tagelang fern und geht nicht aus dem Haus. Da ist wieder die Werbung für diese Fleischscheiben im Toaster, die man nicht Schnitzel nennen soll. Der Mann in der Reklame tut es dennoch und fliegt durch die Decke und wahrscheinlich auch voll aus der Bahn. Irgendwie ist er der Mann aus der Werbung geworden.
Er geht in die Küche und isst die zwei Scheiben Toast, die dort schon seit Tagen unberührt ihr Dasein fristen. Dann rasiert er sich und er wäscht sich die Haare. Es ist nichts wie immer, doch es wird schon bald wie immer sein.

Auf dem Weg zu seinem neuen Job begegnet ihm die Soßenfleck-Frau. Sie erkennt ihn wieder und winkt ihn zu sich rüber, er wird rot und fängt wieder zu schwitzen an. Entschuldigen will sie sich, für ihren Ausbruch im Restaurant, die Bluse sei längst wieder wie neu. Schon gut, kein Problem. Mit einem gezwungenen Lächeln verabschiedet er sich in sein neues Leben. Was der Fleck angerichtet hat, sie hat ja keine Ahnung. Sie weiß ja nicht, was er verloren hat. Sie hat keinen blassen Schimmer, wie fünftagealter Toast mit Marmelade schmeckt. Der Fleck mag aus der Bluse sein, aus seinem Leben wäscht er ihn nie ganz raus.
Er macht jetzt Schnitzel im Toaster und er nennt es auch so. Aus der Bahn geworfen, traurig und wütend, hat er sich gefunden, zwischen zwei Scheiben Toast. Er wird schon bald wieder wie immer sein.

Monday, October 05, 2009

Einzimmerwohnung

Wie kann ich es mit jemandem aushalten, wenn ich nicht einmal mich selbst ertrage? Jeden Tag frage ich mich, was ich eigentlich hier mache. Was ich eigentlich hier will. Ich bin es leid, ich bin mir selbst längst zuviel geworden. Ich will weg von mir. Doch egal wo ich hin gehe, ich werde immer bei mir sein. Es gibt wieder keinen Urlaub dieses Jahr.

Es ist an der Zeit, nicht mehr daran zu denken. Zeit, alte Versprechen zu brechen und neue zu machen. Denn was bringt es immer wach zu sein, wenn es nichts zu bewachen gibt? Ich habe stets auf mich aufgepasst, doch alles Wesentliche dabei versäumt. Ich hab' mich so satt.

Ich sehe auf mein leeres Bett und will gar nicht daran denken, wie gut es für andere ist, nicht alleine dazuliegen. Ich sehe an die leere Decke und will gar nicht daran denken, wie sehr ich mir immer wieder selbst im Wege stand. Ich schließe meine Augen und schlafe im Sitzen ein. Und wenn du irgendwann klingelst, steh' ich auf und lass dich rein.

Um nicht mehr mit mir allein zu sein.