Monday, January 25, 2010

Visitenkartenfrei

Ein Mann gibt mir seine Karte und grinst mir ins Gesicht.
Nur noch eine Unterschrift. Wofür, das weiß ich nicht.
Abends geh' ich unter Leute. Schüttele Hände und ess' Lachs.
Ich bin Ludwig von der Deutschen Bank
kommen Sie doch mal vorbei
oder schicken Sie ein Fax.

Im Fernsehen sagt der Bohlen: "Wer nichts ist, will auch nichts sein."
Darum bin ich heute Heribert, vom Kleintierschutzverein.
Das steht auch auf meiner Karte. Rufen Sie mal an.
Ich bin nicht ich, ich bin gegangen
doch mit etwas Glück geht ja vielleicht
meine Sekretärin ran.

In meinen Taschen, viele Geschichten
doch meine ist nicht dabei.
Wann hab ich sie das letzte Mal erzählt,
visitenkartenfrei?

Im Fernsehen sagt der Detlef: "Was glaubst du, wer du bist?"
Ich sage ihm vom Sofa aus: ich bin Klaus und ich bin Christ.
Hier ist meine Karte. Schreiben Sie mir eine Mail.
Ich bin nicht ich, ich werd' vermisst.
Und auch wenn ich mal nicht antworte
ist Ihr Wunsch mir doch Befehl.

Zur Stütze der Erinnerung
ein kleines Stückchen Pappkarton.
Mein Gesicht ist nur ein Schatten
und der macht sich jetzt davon.

Im Fernsehen sagt der Schweiger: "Wen stellst du denn dar?"
Ich bin Elizabeth Taylor, in "Cleopatra".
Das steht zwar auf keiner Karte. Doch meine Schminke, die hält dicht.
Ich bin nicht ich, ich bin ein Avatar.
Und auch wenn ich nicht existiere,
bitte vergessen Sie mich nicht.

In meinen Taschen, all die Geschichten.
Papplappen ohne Sinn.
Hab' ich meine jemals erzählt
und wo ist sie und wo bin ich hin?



Wenn doch alles nur immer so einfach wär'.
Ich bin ein Niemand und mein Kopf ist leer.
Wenn doch alles nur immer so einfach wär'.
wo kommen denn all diese Karten her?
Ich bin nicht ich, ich bin nicht irgendwer.
Wenn doch alles nur immer so einfach wär'.
Wenn doch alles nur immer so einfach wär'.
Wenn doch alles nur immer so einfach wär'.