Saturday, October 08, 2005

Kühlschranklachen

Auf dem Foto steht sie neben ihm und lacht, obwohl sie eigentlich nur lächeln wollte. Das war vor etwa zwei Jahren. Er hat seinen Arm um ihre Schultern gelegt und schaut ein wenig orientierungslos, als ob er gar nicht damit rechnen würde, in diesem Moment fotografiert zu werden.
Das Foto zierte fortan den Kühlschrank der beiden und immer, wenn sie es ansah, da lachte sie wieder. Leiser als auf dem Foto, doch laut genug, um kein Lächeln mehr zu sein.

Nun ist er seit einer Woche nicht mehr da. Seitdem sitzt sie in der Küche und wartet. Sie wartet und starrt auf das Kühlschrankfoto. Dann weint sie, obwohl sie eigentlich lachen will.
Die Kühlschranktür hat sie nicht mehr geöffnet, seit er gegangen ist. Sie isst kaum etwas, nur das längst trockene Brot, was auf dem Küchentisch liegt, an dem sie sitzt und von dem aus sie das Foto betrachtet. Immer und immer wieder. Nur selten steht sie auf. Die ersten drei Nächte schlief sie nicht, in der vierten kurz, am Küchentisch, seitdem gar nicht mehr. Sie sitzt einfach nur da und starrt auf das Foto und weint.

Dann steht er da. Er sagt irgendwas, doch sie schenkt ihm keine Beachtung. Ihre Augen wollen dem Kühlschrankfoto nicht weichen. Seine Stimme wird lauter, keine Reaktion, plötzlich sackt sie bewusstlos in sich zusammen.

Als sie wieder aufwacht, da blickt sie ihn an, als ob sie nicht damit rechnen würde, ihn zu sehen. Sie starrt ihn an und sieht seine Tränen, wie sie von seinem Gesicht auf ihres tropfen. Sie lächelt ihn an, dann lacht er leise, doch laut genug, dass es kein Weinen mehr ist.