Ich war nie Teil eines Lebens. Klar, Menschen hatten mit mir zu tun, anders geht es ja wohl nicht, richtig? Doch wenn ich nicht da war, war ich auch aus ihren Köpfen verschwunden. Als hätte es mich nie gegeben. Doch es gab mich. Nur nahm niemand so wirklich Notiz davon, wenn ich nicht direkt vor ihnen stand. Und selbst dann war es manchmal schwer.
Nicht, dass ich mich je sehr darum bemüht hätte, Teil eines Lebens zu sein. Nein, nein, ganz und gar nicht. Ich war immer schon gern allein. Was ist das denn schon, jemandem wichtig sein? Jemandem etwas zu bedeuten? Das heißt doch nur Verantwortung. Und Verantwortung heißt auch gleichzeitig Belastung. Und Belastung heißt Stress. Und von Stress bekommt man Haarausfall und im schlimmsten Falle sogar einen Infarkt. Wieso die Menschen freiwillig ihre Gesundheit so aufs Spiel setzen ist mir schon immer ein Rätsel gewesen.
Wenn man Teil eines Lebens ist, dann denkt man viel zu viel nach. Über Dinge, die einen sonst gar nicht interessieren. An jemand anderen. Nicht mehr nur an sich selbst. Dabei hat man mit sich selbst doch schon genug zu tun, wie soll man da auch noch jemand anderen unterbringen? Irgendwie geht das. Irgendwie geht das wohl bei manchen Leuten. Ich könnte das nicht. Und die Menschen merken das, glaube ich. Deshalb lassen sie mich nicht in ihr Leben. Deshalb bleibe ich vor der Tür und klingele ab und zu, um ein kurzes, belangloses Schwätzchen zwischen Tür und Angel zu halten, bevor ich wieder verschwinde, aus ihren Köpfen, aus ihren Leben. Wenn sie wollten, dass ich ein Teil ihres Lebens werde, dann würden sie mich doch hineinbitten, nicht wahr? Ist doch so.
Vielleicht bin ich auch nicht energisch genug. Jeder Staubsaugervertreter hätte bessere Karten hereingelassen zu werden. Und jedesmal, wenn sie dann den Staub aus dem Teppich saugten, würden sie an ihn denken, wie nett er gewesen sei, der Herr Staubsaugervertreter, und all die Komplimente die er ihnen gemacht hätte. Sowas kann ich nicht. Sowas kann ich einfach nicht.
Ja klar, ich habe mit Menschen zu tun. Fast täglich sogar. Doch ich weiß, dass nach Feierabend niemand mehr an mich denkt. Niemand, der anruft, niemand, der fragt, wie es mir denn so geht. Ob alles wohl im grünen Bereich sei, alles paletti, solche Geschichten. Und gestern, an meinem Geburtstag, da fragte Thorsten mich in der Mittagspause, ob ich wohl langsam Geheimratsecken bekäme. Es brach mir das Herz.