Und Sie sind Frau...?
- Traurigkeit.
Wie bitte?
- Traurigkeit. Mein Name ist Traurigkeit.
Das ist aber mal ein ungewöhnlicher Name. Den habe ich vorher noch nie gehört.
- Der ist jiddisch. Kaufmann, Goldhals, Traurigkeit, gar nicht so ungewöhnlich. Viele heißen so. Viele Juden.
Ah ja. Gut. Sie sind also hier, um sich für die freie Stelle zu bewerben, richtig?
- Ja, richtig.
Nun, Ihre Qualifikationen sind ja wirklich ausgezeichnet, Frau...Traurigkeit. Sie haben bisher hauptsächlich halbtags gearbeitet, erwähnten Sie am Telefon, ja?
- Genau. Wegen der Kinder.
Ach, Kinder haben Sie auch? Wie viele sind es denn?
- Es sind zwei. Sieben und elf Jahre alt.
Ihnen ist aber schon bewusst, dass es sich bei der freien Stelle um einen Vollzeitarbeitsplatz handelt, oder?
- Natürlich. Das ist in Ordnung.
Kümmert sich Ihr Mann um die Kinder? Oder haben Sie eine Tagesmutter angedacht?
- Ich habe keinen Mann. Eine Tagesmutter wäre mir zu teuer.
Aber wo bleiben denn dann Ihre Kinder, wenn Sie hier sind?
- Ach die, die habe ich weggeben.
Wie meinen?
- Die Kinder. Ich habe sie weggeben.
Weggeben?! Aber wohin denn nur??
- Na, an ein Kinderheim. Ich habe denen gesagt, dass ich nicht mehr die Mutter dieser Kinder sein möchte. Und sie haben es verstanden, nachdem ich es ihnen erklärte.
Aber was um alles in der Welt haben Sie denen denn gesagt? Was treibt Sie denn nur dazu, einfach Ihre Kinder ins Heim zu stecken? Es ist ja wohl nicht nur aufgrund der Aussicht auf einen besseren Job, nehme ich an?
- Nein, nein, ganz und gar nicht...
Ja, aber warum um Himmels Willen denn dann?
- Sie sollten einfach keine Kinder von Traurigkeit mehr sein.