Monday, October 31, 2005

Ich sehe was, was du nicht siehst...

...und das bist Du!

Was tut man nicht alles, um anders zu sein. Man zerschneidet sich die Hosen, schminkt sich die Augen neongrün, hört unmöglichen Lärm und nennt es dann Musik...
Es gibt so unzählige Wege, seine Individualität zur Schau zu stellen, den Leuten zu zeigen, dass man ja so einzigartig ist. Und das ist per se auch nicht zu verurteilen.

Schließlich hat doch irgendwo jeder diesen Drang in sich. Herausstechen aus der Masse, auffallen, Notiz soll von einem genommen werden...wer will schon unerkannt durch die Welt gehen?
Und so steigern sich manche immer mehr hinein, in das Anderssein, in das Auffallen. Es wird immer mehr zum Lebensmittelpunkt, alles andere verkommt mehr und mehr zur Nebensache.

Und je einzigartiger man wird, desto leichter verliert man aus den Augen, wonach man sich eigentlich die ganze Zeit sehnt: Nach jemanden, in dem man sich selbst wiederfinden kann.

Wenn man sich letztlich so sehr in seiner Individualität verrennt, dass man dabei selbst ganz vergisst, wer man überhaupt ist, dann wird man ausgerechnet von dem Menschen übersehen, dem man doch eigentlich auffallen will. Und die Chance, von genau diesem einen Menschen bemerkt zu werden, ist tragischerweise oftmals das einzig wirklich Einzigartige, was einem im Leben widerfährt.

Sunday, October 30, 2005

+Initiative / -Manipulation

Na. Auch gestern die Uhr mal ein schönes Stündchen zurückgestellt? Weil das der Onkel von der Tagesschau gesagt hat, muss man das ja machen, gell? Und wenn der Onkel aus der Tagesschau sagt, Geflügel sei neuerdings ungesund, dann wird auch kein Geflügel mehr gegessen, was?

Fakt ist: der Onkel von der Tagesschau hat gelogen. Die Uhr wurde gar nicht zurückgestellt. Jetzt sind Sie der Depp, weil Sie sich von den Medien beeinflussen ließen, ohne mal selbst das Hirn eingeschaltet zu haben. Die Uhr zurückstellen...halloho?! Geht's noch?! Warum sollte man das denn bitte tun? Da geht der Bauer jetzt eine Stunde später die Kuh melken und die Milch ist sauer, suuuuuper. Oder man will sich um kurz vor 3 Uhr morgens noch mal schnell ein schönes Blech Pommes machen und denkt sich "Ah, um 3.15 Uhr muss ich die aus dem Ofen holen!", und da 3.15 Uhr jetzt ne Stunde später ist, da steht dann auch schon mal ein ganzer Wohnblock in Flammen. Aber der Onkel von der Tagesschau hat gesagt...jaja, schon klar.

So darf es nicht weitergehen. Die Menschheit treibt ihrem Untergang entgegen. Wir sind alle nur noch willenlose Zombies, die einer oligatorischen Obrigkeit gehorchen, deren einziges Ziel in der Zerstörung selbständigen Denkens besteht. Wahrscheinlich bin ich längst tot, wenn Sie diese Zeilen lesen. Ja, ganz genau, ich gefährde mein Leben, indem ich versuche, Ihres vor den Strippenziehern zu bewahren. Eine Stunde zurück in die Vergangenheit, dann zwei und irgendwann sind es vielleicht zwanzig Jahre und wir tragen alle wieder neonfarbene Strumpfhosen und mit zwei Litern Haarspray toupierte Dauerwellen. Gebieten wir dem Verfall Einhalt, bevor es dafür zu spät ist.
Halten wir die auf, die unser Recht auf Leben untergraben und uns systematisch gegeneinander auszuspielen versuchen. Der Irak-Krieg: nie passiert. Der Fall der Mauer: pure Erfindung. Frankreich: hat es nie gegeben. Lassen wir uns nicht mehr verhohnepiepeln. Gehen wir auf die Straßen und rufen "Bis hierhin und nicht weiter! Wenn er fällt, dann schreit er!"

Und er wird fallen, wenn wir nur zusammen stehen und ihn gemeinsam bekämpfen! Wer jetzt genau? Der neue Junge auf den Kinderschokoladepackungen. Ja, er ist der Anführer, er ist der, der uns alle vernichten wird, wenn wir die Bedrohung ignorieren. Es ist immer der, von dem man es am wenigsten erwartet. Doch das Maß ist voll. Wir dürfen uns nicht mehr beeinflussen lassen. Wir müssen der Manipulation Herr werden.

Die Zeit wurde in Wirklichkeit übrigens eine Stunde vorgestellt.






Hier der Beweis:

Thursday, October 27, 2005

Die Björn-Identität

Wenn ich behaupte, ich möge Sonnenuntergänge, es würde mir wohl niemand glauben. Niemand? Nun ja, vielleicht ja doch. Jemand, der mich nicht so gut kennt, kann vielleicht nicht so genau abschätzen, ob ich so einen kitschigen Scheiß nun tatsächlich mag oder eben nicht. Und genau darin besteht die Grundlage männlicher Lockrituale.

Ein Beispiel: Er trifft ein heißes Chick, nennen wir es einfach mal H5N1, in einem Café. Nun verschüttet die holde Maid ihr koffeinhaltiges Heißgetränk ausgerechnet auf seine frisch gewaschene Lieblingshose. Natürlich hätte er nun jedes Recht der Welt ihr mit voller Wucht jeden Zahn einzeln aus ihrem nun entschuldigend drauflosplappernden Mundwerk zu schlagen, doch sie sieht gut aus, also setzt der natürlich Prozess der Selbstverleumdung ein. "Hey, das ist doch kein Problem. Ich wollte eh gerade nach Hause und die Hose wechseln." Das ist durchaus nicht leicht ohne jeglichen ironischen Unterton rüberzubringen, doch wenn es klappt, dann kann man schon mal die Angel auswerfen. Dies geschieht im Folgenden nun, indem man ihr einen Ersatz-Latte-Mappuccino bestellt und sich zusammen mit ihr und der klitschnassen Jeans, welche die nun aufquillenden Brandblasen am Oberschenkel verdeckt, an einen Tisch setzt und dann fröhlich drauflosplappert. "Hallo, ich bin Paco. (Lüge!) Das mit der Hose ist wirklich kein Problem. (Lüge!) Aber falls du dich trotzdem irgendwie revanchieren willst, ich habe zwei Karten (Lüge!) für den neuen (Lüge!) Film mit Matt Damon (äußerst dumme Lüge!) und der Freund, mit dem ich reingehen wollte (Lüge!), hat vor ner halben Stunde (Lüge!) abgesagt (Lüge! Lüge! Lüge!)...

Möglicherweise sollte man nicht ganz so plump vorgehen, wie in dem hier genannten Beispiel, doch selbst dies funktioniert anscheinend. Manchmal. Eher selten. Gut, annähernd nie, aber es ist ja nur ein Denkmodell. Kennt man doch aus dem Physikunterricht, ja?
Jedenfalls, Kino. H5N1 ist unpünktlich. Die Hand schon zu einer strammen Faust geballt, die nur darauf wartet, ihre zarten Wangenknöchelchen unsanft zu küssen, wartet leider vergebens, denn wer Gentleman ist, der wartet mit der Gewalt, bis er bekommen hat, was er wollte. Also eine beschwichtigende Aussage à la "Kein Problem. Die Werbung wollte ich eh nicht sehen." und ab hinein, Matt Damon wartet. Der Film: Scheiße, wie erwartet. Die Frau: Begeistert, wie erwartet. Die Beischlafwahrscheinlichkeit: Hoch, wie sollte es auch anders sein.
Am Himmel blitzen die Sterne und der volle Mond scheint hell über den Dächern der Großstadt. Der perfekte Zeitpunkt, diese Banalitäten und Alltäglichkeiten zu erwähnen um weitere Beischlafpunkte einzuheimsen. Volltreffer! Sie schaut entzückt. Und wie man so durch die schwach beleuchteten Straßen schlendert, so tut, als ob man auch gerne Phil Collins hören würde und behauptet, man hätte früher mal Gedichte geschrieben und die krebskranke Oma gepflegt, da nähern sich auch schon ihre Lippen den seinigen. Rest kann man sich ja denken. Bisschen Geficksches und Tschüs. Männer!

Jetzt habe ich Schluckauf und meine Nase blutet. Außerdem ist Captain Jack verstorben. Hirnblutung. Was wohl seine letzten Worte waren? Na ja, ich will schlafen. Ich hab viel zu spät angefangen diesen Beitrag zu verfassen. Das hab' ich nun davon. "Glaubst du an die Liebe auf den ersten Blick oder soll ich nochmal reinkommen?" Den Satz wollte ich eigentlich da oben noch irgendwo unterbringen. Hab ich dann doch gelassen. Einfach vergessen. Vielleicht göttliche Fügung.

Gute Nacht.

Wednesday, October 26, 2005

"Mehr Licht!"

Berühmte letzte Worte. Da wären zum Beispiel Caesars "Auch Du, Brutus!", Picassos "Die Malerei muss erst noch erfunden werden!" oder auch Jesus Christus' "Es ist vollbracht!". Da kommt man natürlich schon mal ins Grübeln. Wer will schon was total Doofes sagen, wenn er kurz vor dem Abtreten steht? "Es gibt nur ein' Van der Vaaaaart!"...dann ein LKW, Bums, ätzend, oder? Die Sache hängt einem dann doch ewige Keiten nach. Seine letzten Worte waren...Tränen kullern die rauhen Wangen hinab...ein schluchzend vorgetragenes "Es gibt nur ein' Van der Vaaaart!"...das fünfte "a" geht in der Trauer unter, "nur ein' Van der Vaaaart", ja, so war er, der Papi.

Ist es nicht wirklich erschreckend, dass tagtäglich Menschen sterben, deren letzte Worte ein ähnliches Format hatten? Wie geht eine Frau damit um, wenn sie erfährt, dass die letzten Worte ihres Göttergatten "Ich bezahl' doch nicht für's Ficken, du dumme Hure!" waren? Und der Mann wusste nicht mal, was er mit diesen Worten seiner Familie antun würde. Das mit der Prostituierten ist auch nicht okay, klar, aber das hätten die ja nicht mitbekommen, hätte er sich nicht so in der Wortwahl vergriffen. Und bezahlt.

Ich denke, es ist deutlich geworden, worauf ich hinaus will. Man muss einfach in jeder Situation aufpassen, was man sagt, wenn man nicht Gefahr laufen will, als der größte Trottel in Erinnerung zu bleiben. Da spielt es auch keine Rolle, ob man vielleicht mal den Literaturnobelpreis erhalten oder das Rad erfunden hat. Wenn die letzten Worte scheiße sind, dann bleiben nur diese in Erinnerung. Wirklich! Kein Schmu! Die letzten Worte im Titel sind ja auch sehr berühmte. Und die sind echt mal nicht der Brüller. Darum erinnert man sich nur aufgrund dieser verbalen Nichtigkeit an diese Person. Das ist doch traurig. Es darf gerne geraten werden, vom wem diese Worte stammen. Schon raus? Dann zählen Sie doch ruhig mal alle "a"s in der Bibel.

Ich jedenfalls bin vorbereitet. Ich habe mir meine letzten Worte gut und weise überlegt. Man wird mich immer als den gutaussehenden Intellektuellen in Memoriam behalten, der ich immer gerne gewesen wäre. "Ich sterbe, wie ich gelebt habe: lang und qualvoll". Ja, so soll es sein. Meine letzten Worte. So voller Weltschmerz, Seelenpein und Tiefe, Melancholie und Weisheit, Tim und Struppi. Mit diesen Worten werde ich mich auf den langen Weg zum Licht am Ende des Tunnels begeben.
Da ich, um möglichst sicherzugehen, diesen Satz ca. alle zwei Minuten wiederholt aufsage, hat sich ein Zustand der sozialen Isolation eingestellt. Menschen meiden mich. Dabei brauche ich doch einen Protokollanten, der meine letzten Worte für die Nachwelt festhält.
Womöglich schwenke ich doch noch mal um. Auf "Es gibt nur ein' van der Vaaaaart" zum Beispiel. Immerhin erinnert man sich dann vielleicht überhaupt.

Monday, October 24, 2005

Krabbensalat galore!

Man nehme:
  • Krabben
  • einige Stücke frische Ananas oder Dose, (so 2/3 Krabben, 1/3 Frucht)
  • Champignos in Scheiben auch so 1/3 (Dose oder frisch)
  • 2 Teile Majonaise (gibts auch im Naturkostladen)
  • 1 Teil Ketuchup
  • 1 Teil Cognak
  • Petersilie, Schnittlauch, Salz, Pfeffer
Ketuchup ist um diese Jahreszeit leider nicht so leicht zu bekommen, aber 1 Teil sollte wohl noch gerade so drin sein. Die 2 Teile Majonaise gibt es auch in einer Plastikbuddel, wie man hierzulande zu sagen pflegt. Statt der Ananas kann man, wie oben beschrieben, auch einfach einige Stücke Dose nehmen. Dann natürlich auch im Verhältnis 2/3 Krabben, 1/3 Dose. Jetzt alles vermengen und dann nur noch das eine Teil Cognak und die Gewürze darüber geben, fertig, lecker, das machen wir mal wieder.

Das Rezept, auch hier nachzulesen, stammt übrigens von Ruth. Hier können Sie Ruth beleidigende und/oder sexuell belästigende Nachrichten hinterlassen. Gerne auch mit kommerziellem Hintergrund. Vielleicht zaubert Sie Ihnen dann ja auch mal so ein leckeres Teil Krabbensalat. Oder Dose.

Guten Appetit.

Sunday, October 23, 2005

Stefanie + Ralf = Ich

"Die Erinnerung ist das einzige Paradies,
woraus wir nicht vertrieben werden können."

Die Gänsefüßchen (hach, wie süß) deuten es an: das obenstehende Zitat ist nicht von mir. Das ist von Jean Paul (Achtung: nicht Gaultier und auch nicht Sean Paul!), einem...na er schrieb Bücher oder sowas, darum geht es ja auch gar nicht. Worum es eigentlich gehen sollte: Krabbensalat. Dann fiel mir aber dieses Zitat vor die Füße und mit Krabbensalat hatte das leider wenig zu tun, also Themenwechsel: Erinnerungen.

Man kann direkt zu Beginn mal festhalten: Jean Paul war ein ziemlicher Dödel. Verallgemeinert der doch allen Ernstes die Erinnerung. Die Erinnerung an ein gewonnenes Fußballweltmeisterschaftsendspiel ist wahrscheinlich ein Stück mehr Paradies, als die Erinnerung an eine Vergewaltigung, aber gut, mal von dieser kleinen Ungenauigkeit abgesehen hat dieser Büchertyp da durchaus den Nagel auf den...nein, die Floskel spar' ich mir...er bringt es auf den Punkt (auch nicht viel besser, ich weiß). Erinnerungen, ob nun Paradies oder nicht, sind wirklich nicht so leicht loszuwerden. Leider geht es nicht so wie bei "GZSZ" zu, wo ein Schlag auf den Kopf genügt, um hinterher alles vergessen zu haben, was man vorher noch wusste. Letztens hat Verena ja nur so getan als ob, dieses raffinierte Luder. Da war Vincent ganz schön baff.

An was wir uns nun im Speziellen erinnern, dass liegt leider in den meisten Fällen auch nicht in unserem Entscheidungsbereich. Gut, man kann Vokabeln lernen und so Krams, aber das ist auch nicht die Art Erinnerung, von der ich die ganze Zeit hier spreche, is klar, nää?!
Zum Beispiel Erinnerungen an bestimmte Personen. Es gibt Menschen, an die erinnert man sich nicht so gern. In meinem Fall könnte das zum Beispiel Ralf Böttcher sein. Der saß in der 1. Klasse neben mir und hat sich während des Unterrichts regelmäßig in die Hose gepischert. Die warme Suppe umfloss dann meine Sandalen, dann stieg der Geruch hoch in meine Nase und der Hass in meinen Blick. Irgendwann wurde Ralf schließlich aus der Klasse genommen.
Es gibt dann aber auch Personen, an die erinnert man sich sehr gerne. Ich for example denke sehr gerne an das Mädchen zurück, das mir damals auf Susannes Geburtstagsfeier zum Abschied über den Kopf gestreichelt hat. Die war sehr nett und sehr hübsch und ich habe auch ihre Telefonnummer bekommen. Dann habe ich mal angerufen, wir haben uns ein paar Stündchen unterhalten, dann schlug der Blitz ganz in der Nähe ein und die Leitung war tot. Ich deutete dies als eine Art Zeichen und rief nie mehr an.
Gut, an meine Blödheit erinnere ich mich jetzt nicht so gerne, aber an das Mädchen, sie hieß Stefanie, an das erinnere ich mich sehr gerne.

Aus mir unerfindlichen Gründen hält nun mein Gehirn Pinkel-Ralle für genauso speicherwürdig, wie das Mädchen. Das verstehe wer will. Auch die Information, dass Ralf IMMER einen gelb-schwarz gestreiften Pullover trug, ist sowas von unbrauchbar, und trotzdem, ich bekomme sie nicht gelöscht. Ich habe ja auch insgeheim Angst, dass solch ein unnötiger Blödsinn meine Speicherkapazitäten soweit auslasten könnte, dass wichtige Erinnerungen vielleicht verloren gehen...könnten (Wiederholung, mein Ausdruck ist heute echt am Boden). Aber bisher merke ich davon zum Glück noch recht wenig. Bisher.

Es ist schon verrückt, irgendwie. Da versucht man eine Erinnerung immer wieder abzuschütteln, und jedesmal, wenn man das tut, da klammert man sich nur noch mehr an sie. Hm.
Ich hoffe, es geht in Ordnung, wenn ich heute mal auf einen pointierten Abschluss verzichte. Muss ja nicht immer alles nach dem selben Schema ablaufen. Blogeinträge sind nun mal keine...was läuft denn immer nach dem selben Schema ab? Mir fällt kein Beispiel ein. "Birne" ist wohl in diesem Falle kein geeignetes Vergleichsobjekt. Ich sollte meinem Kopf nun besser eine Pause gönnen. Und morgen geht's dann, wenn nicht wieder was dazwischen kommt, auch endlich mal um Krabbensalat. Versprochen. Glaub' ich.

Friday, October 21, 2005

Motto: Ein Tag ohne ein Lächeln ist ein...nächste!

Was war das früher schwierig einen Partner für's Leben zu finden. Da ging man raus, guckte sich um, sah jemanden, dachte sich "Joah, schon nicht schlecht, die Alte.", und schon war sie auch wieder weg, die Alte.

Heute geht das zum Glück einfacher. Man muss sich dafür nicht mal mehr eine Hose anziehen. Oder gar Zähne putzen, duschen, deodorieren, kann man sich für den ersten Schritt wirklich sparen, toll, toll, toll. Einfach den Kommpjuter an und ab geht die Post.

Aber erstmal muss man sich natürlich entscheiden, wo man jetzt den Partner für's Leben findet. Da gibt es ja hunderte, wenn nicht gar äonen Anlaufstellen, die alle mit massig Frischfleisch, pardon, mit dem einen und sonst keinen Traumpartner aufwarten können. Oder auch Traumpartnerin, klar. "Lalala Frau, lieber in den Bau." Eine von diesem Kaliber halt.

Hat man sich schließlich für ein "Partner-Portal" (gerne auch "Partner-Börse") entschieden, dann ist es auch nicht mehr weit, bis zur Hochzeit und den drei süßen Blagen, von denen mindestens zwei ADHS mitbringen. Weil die Omi die kleinen ja immer so verwöhnt. Typisch Omi.
Jedenfalls gibt man in der Suchmaske dann einfach mal persönliche Präferenzen ein, was man so mag halt. Ich zum Beispiel fahre ja total auf Frauen ab. Ich kann dann die Suche sogar noch weiter einschränken, indem ich nur nach Frauen suchen lasse, die Nichtraucherinnen sind und im Winter gerne ausgedehnte Herbstspaziergänge bei Sonnenuntergang in Südtirol genießen. Allein. Ich will da ja nicht mit. Spazieren gehen, brrrr, nicht für mich bitte.

Nächster Schritt: Suchergebnisse auswerten. Hierbei entdeckt man oftmals weitere Gemeinsamkeiten, die eine harmonische und glückliche Zukunft zu zweit prophezeihen. SüßeMaus86 mag auch Schokolade. ManicMandy78 hat auch blondes Haar. TomSelleck1948 hat auch einen Schnauzbart, toll. Da hat man nun wieder mal die Qual der...Sie ahnen es...Wahl. Aber wieso wählen, wenn die Anonymität des WeltWeitenNetzes einem die Möglichkeit bereit hält, sich mit allen Interessanten und Interessierten zu amüsieren.

So "chattet" man sich erstmal gegenseitig an, labert ein wenig um den längst kaltgewordenen Brei herum, dann schickt man sich freudig Lichtbilder, die man mal eben schnell mit der "Digicam" von sich selbst macht, auf denen man aber dann "total doof" aussieht, was man natürlich auch vorher dem Zukünftigen sagt, um ihn zu beruhigen. Oder so. Der findet das aber ganz klasse, von wegen "total doof", nur nicht so bescheiden. Und schließlich macht man ein Treffen aus, einer wollte eh schon immer mal das Vorstädtchen sehen, in dem der andere wohnt, jaja, schon klar. Oder eben die nächstgrößere Stadt, Wuppertal vielleicht. Geographisches Interesse, ein super Vorwand. Hat Hannibal damals sicher auch angegeben, als er in Rom einritt, mit seinem Elefantenzirkus da. Und der Caesar glaubt dem das auch noch, haha, dieser Trottel. Nein, Mussolini war's. Mousse au Lini. Ach, jetzt verheddere ich mich in Nebensächlichkeiten, das tut mir sehr Leid. Ist sicher anstrengend zu lesen so. Treffen in Wuppertal. Dann geht man schön Käffchen trinken, besichtigt diese komische Schwebebahn oder was auch immer in Wuppertal sein mag, dann ein wenig mittelmäßig befriedigender Beischlaf, dann tschüs und hallo ManicMandy78.
Und wie man dann im ICE nach Peine steht, da man dummerweise nicht reserviert hatte, da hofft man ganz leise, dass die 78 auch tatsächlich für das Geburtsjahr stand.

Monday, October 17, 2005

Djägpott

Isch will das Jeld jetzz raushauen, Leute! Ruft misch an! Sacht mir, wo der Unterschied ist! Drei Jeldpakete! Was is an diesem Blog anders? Ist das wirklisch so schwer? Isch werd bekloppt, da is wieder die Sirene...jetzz schläscht der Hott Batten jeden Moment zu...jezz schnell in die Leitung...isch muss das Jeld jetzz wirklich raushauen...der Matthias Opdenhövel wachtet schon mit der Quiz Show, Leute! Jetzz janz schnell...wo ist der Unterschied? Isch darf ja eigentlisch keine Tipps mehr jeben, aber denken se doch ma an den Herchbst. Der is ja nisch silber, sondern Punkt Punkt Punkt. Na, wissen Se's jetzz? Leuuuuute, das Jeld muss jetzt rauhus! Wir sind schon über der Zeit! Der Hott Batten schläscht jetzz jeeeden Moment zu! Drei Jeldpakete plus Chance auf 4000 Euro im Djägpott! Jetzz lasst misch nischt so zappeln, Leute! Da ist wieder die Sirene, hören Sie die Sirene? Wenn die Sirene kommt, dann kann der Hott Batten jeeden Moment zuschlajen! Wir sind schon über der Zeit! Isch werd hier noch wahnsinnig! So schwer kann das doch nischt sein! Wenn Sie die drei Jeldpakete nisch wollen, dann nehm isch sie auch gerne. (lacht laut)
Jetzz hat er zugeschlajen! Hallo hier ist der Jürgen, wer ist da? (ein Besetztzeichen ertönt)

Neiiiiiiiin, das darf doch wohl nischt wahr sein! Einfach aufgelescht! Dabei muss man doch nur sagen, wo der Unterschied zum alten Blog is! Leute, isch dreeeh dursch! Überfochtert eusch das, wenn isch plötzlisch mit Komma und Punkt rede? Leute, Leute...der Matthias Opdenhövel wachtet jetzt schon seit einer halben Stunde mit seiner Quiz Show (die eine Aufzeichnung der bei Sat.1 ausgestrahlten Ausgaben darstellt)...isch will jetzz auch endlisch Feierabend machen...aaaaaaah, hören Sie das, da ist sie wieder, die Sirene! Jetzt muss aber mal jemand die rischtige Lösung sagen! Jeden Moment schlägt der Hott Batten zu...(eine 3/4 Stunde später)...hallo hier ist der Jürgen von 9Live, wer ist da? (eine gebrechliche Damenstimme gibt an, Helene zu sein)...Hallo Helene, wie die Birne Helene, was? (lacht wieder laut) Was haben Sie raus, Helene? (Helene antwortet, sie wirkt überzeugt ob der Richtigkeit ihrer Antwort) Oah, nein, tut mir wirklisch Leid, Helene, "Herbst" ist leider nischt die Antwort, die wir suchen! Trotzdem, zwanzisch Euro für Sie, ja?! Tschöhö. (Keine Reaktion mehr von Helene. Jürgen macht jetzt endlich Platz für die Quiz Show mit Matthias Opdenhövel. Was Helene wohl mit den 20 Euro macht? Ein neues Haarnetz? Zehn Tafeln Halbbitterschokolade von Spar? Vielleicht geht sie ja auch in eine Apotheke und gönnt sich ein gutes Schlafmittelchen. Wir können nur hoffen...)

Saturday, October 15, 2005

Are you ready boots?

So. Mal Tacheles hier. Wir alle kennen das: Hunger. Die einen vielleicht noch besser als andere. Die leben dann beispielsweise in Botswana oder so. Na ja, können wir ja nichts für, weiß ich auch. Aber Beyonce Knowles. Und Jennifer Lopez. Die schon. Missy Elliott auch, die überfressene Sau.

Klar, die Ursachen für das Elend liegen woanders. Sagen wir einfach, die Franzosen seien schuld. Mit dem Gedanken kann sich ja jeder irgendwie anfreunden. Gut, die Franzosen wohl eher nicht. Egal. Nur das sich nichts ändert, dafür kann man durchaus oben erwähnte Personen zur Verantwortung ziehen. Unter anderem, versteht sich.
Während diese auf MTV ihre diversen Häuser, in denen sie nicht wohnen, Autos, die sie nicht fahren und Gehirnzellen, die sie nicht benutzen, präsentieren, kippen mal eben ein paar tausend Neger um. Und die stehen in der Regel auch nicht wieder auf, um von ihrem "Magic Stick" rappend Millionen zu scheffeln. Ob das jetzt gut oder schlecht so ist, darüber kann man sicher streiten.

Die Halskette von P.Diddy/Puff Daddy/Sean "Puffy" Combs/"They call me Didi Hallervorden" ist also 30.000 Dollar wert. Da ist schon ein Punkt drin, um die Zahl übersichtlicher zu machen. Man könnte natürlich auch sagen, die Kette ist 100 Menschenleben wert, aber 100 klingt ja nicht so imposant wie eine Zahl, die einen Punkt zur Übersichtlichkeit benötigt.
Mann darf natürlich nicht vergessen, die Hilton hat hart für ihr Geld gearbeitet. Okay, beschissenes Beispiel. Nehmen wir halt Jessica Simpson. Wer kennt sie nicht? Genau, das ist die blonde Tutse, die aussieht wie Britney Spears, singt wie Britney Spears und doof ist, wie Britney Spears' Putensandwich. Sie singt Lieder, die andere für sie schreiben, trägt Klamotten, die andere für sie aussuchen, sagt Sachen, die ihr andere in den Mund legen und heiratet Männer, die eigentlich lieber Britney Spears geehelicht hätten. Und das Witzige ist: Sie verdient dabei zweistellige Millionenbeträge. Amerikanische Dollar, logisch.
Was macht sie nur mit soviel Geld? Das kann man doch im Leben nicht ausgeben, will man meinen. Kann man aber doch. Wenn man will.

Und wie Frau Simpson sich so ein wirklich ultraschickes (und vor allem ultraknappes) Oberteil im "Wert" von mehreren tausend US-Dollars zulegt, da passiert es: ein ganz böser Wind fegt über ihr Heimatland hinweg und deckt ein paar Dächer ab. Außerdem sterben auch ein paar Leute, was in Amerika ja doch eher ungewöhnlich ist, solange der Tod nicht auf Herzverfettung zurückgeführt werden kann.
Da klingelt dann ihr Mobiltelefon und ihr Agent klärt sie über diesen unsagbaren Missstand auf. Außerdem sagt er ihr, wann sie im Fernsehen Menschen mit weniger Geld dazu auffordern soll, doch bitte für die Opfer ihr selbst so dringend benötigtes Geld zu spenden. Mit einem Lächeln und natürlich ihrem neuesten Hit "These boots are made for walking" im Gepäck. Erscheint kommenden Dienstag, nicht vergessen. Und spenden, achso, ja, genau.

Klar folgen dem herzergreifenden Aufruf der "These boobs are made for talking"-Schlampe und spenden, was sie nur können. Von den Erlösen könnte man jetzt ein ganzes Land auf dem afrikanischen Kontinent sanieren, aber gut, erstmal muss man selbstverständlich vor der eigenen Haustüre kehren. Der Staat schafft das schließlich nicht alleine.

"These boots are made for walking" steigt in der kommenden Woche in die amerikanischen Top Ten ein. Es wird Jessica Simpsons größter Hit. Da klirren die Champagnergläser und während eine Kamera mitläuft, küsst sie ihren Mann stürmisch auf den Mund. Der schließt die Augen, stellt sich vor es sei Britney und wirkt in diesem Moment fast genauso glücklich, wie seine Angetraute. Dann steigen sie in eines ihrer Autos und fahren ins Tonstudio. Der Wetterbericht verheißt nichts Gutes...


"...one of these days these boots are gonna walk all over you."

Tuesday, October 11, 2005

Klassenkampf

"Jetzt beginnt der Ernst des Lebens" hat man mir gesagt, da war ich gerade mal 6 Jahre alt. Das war natürlich ein Schock. Sollte ich vielleicht die ersten sechs sorgenfreien Jahre meines Lebens nicht voll ausgekostet haben? Hat man mich überhaupt gut genug vorbereitet, für diesen Ernst, der sich fortan in mein Leben einmischen sollte? Ist die große, spitze Tüte mit den Süßigkeiten etwa meine Henkersmahlzeit?

Ja, so oder zumindest so ähnlich dachte ich wohl damals, mit sechs, bei meiner Einschulung. Unsicher und auch ein wenig ängstlich mimte ich ein Lächeln für das Foto, auf dem ich später ein Alf-T-Shirt mit der Aufschrift "Null Problemo" tragen sollte. Wenn Alf wüsste, dachte ich ganz heimlich.

Doch irgendwie hatte ich mir den Ernst des Lebens ein wenig anders vorgestellt. Ich lernte Lesen, Schreiben und Rechnen, spielte jedoch ansonsten mit Freunden, wie ich es vor meiner Schulzeit auch tat. Ich war ein wenig erleichtert. Nein, nicht ein wenig, sehr sogar. Und so gingen die Jahre dahin...

Irgendwann war man schließlich zu alt, um zu "spielen". Da unterhielt man sich dann mit seinen Mitschülern. Über die Schule, die Lehrer, über Sport vielleicht...und irgendwann, dann auch mal über Sexualität. Natürlich alles unter dem Deckmantel des Humors. Mittlerweile konnte auch jeder halbwegs schreiben, lesen und rechnen. Dann lernte man halt Kurven auszuwerten, Gedichte zu interpretieren und Sprachen zu sprechen, die entweder kein Mensch mehr sprach oder kein Mensch mehr sprechen wollte. Es wurde langsam ernster, soviel war klar. Doch irgendwie lachte ich immer noch jeden Tag, fand immer noch Gefallen an meinem Leben und war auf eine gewisse Art tatsächlich glücklich. Ja, so richtig glücklich.

Doch es blieb leider nicht dabei. Es wurde schwieriger, die Noten, Freunde und vor allem, den Mund zu halten. Etwas, was es vorher gar nicht gegeben hat. Die Notwendigkeit, seine eigenen Gedanken zu unterdrücken beziehungsweise sie einfach für sich behalten zu können. Und irgendwie ging auch das mit der Zeit ganz gut.
Das Mädchen, welches mir gegenüber saß, lachte nicht mehr so oft, wie sie es noch vor einem Jahr getan hatte. Sie war für mich wie ein vorgehaltener Spiegel, der mit zunehmender Zeit Risse bekam. Irgendwann schaute ich einfach nicht mehr hinein.

Schließlich kam dann der Tag, an dem dies alles vorbei sein sollte. Nie mehr Schule. Da umarmte ich die Menschen, die mein Schicksal mit mir so viele Jahre geteilt hatten. Und für einen Augenblick lachten wieder alle, so wie sie damals lachten, ganz frei und rein. Und sie merkten gar nicht, dass man ihnen die Welt nur von den Schultern genommen hatte, um sie etwas später gegen eine noch wesentlich größere einzutauschen. Und ich konnte gar nicht anders, als mitzulachen, auch wenn mir in diesem Moment bewusst wurde, dass ich dem Null-Problemo-T-Shirt längst entwachsen war.

Sunday, October 09, 2005

Augen-Blicke

Man kommt einfach nicht drumrum. Nahezu jeden Tag ist man gezwungen zu reden. Mit den Eltern, mit der Frau an der Supermarktkasse, mit Arbeitskollegen, mit Freunden, mit wem auch immer. In der Regel ist das nichts Aufregendes. Man hat eine gewisse Routine darin, die immer gleichen Gesprächsabläufe möglichst kurz und schmerzlos hinter sich zu bringen. Auf ein "Wie geht's?" folgt ohne nachzudenken ein "Gut, und selbst?", dann ein kurzer Kommentar zur aktuellen Wetterlage, schließlich die unbehagliche Gesprächspause, bevor man vielleicht ein Thema aufgreift, welches gerade durch die Medien ging. Der Küblböck, das is vielleicht ein schräger Vogel. Jaja.

Meistens merkt man gar nicht, dass ein Schweigen durchaus der angenehmste Teil eines solch vorformatierten Gespräches sein kann. Man hört einfach kurz auf über etwas zu reden, über das man gar nicht reden will. Doch man fühlt sich unwohl. Dann wandern die Blicke, wandern von umstehenden Leuten über Reklametafeln, bis hin zu den eigenen Füßen. Nur nicht in die Augen des anderen. Vielleicht würde sonst klar werden, dass man sich eigentlich gar nichts zu sagen hat.

Auf der anderen Seite gibt es jedoch meist auch einen Menschen, mit dem man jedes gewechselte Wort genießt, egal was es ist und egal worum es geht. Man will gar nicht mehr aufhören, findet immer wieder neue Themen und wenn es wirklich gut läuft, ja, dann braucht man nicht mal mehr ein Thema, um miteinander reden zu können.
Doch egal, wie viel man auch redet, es bleibt immer etwas zurück, was man dem anderen mehr als alles andere in der Welt sagen möchte, es jedoch einfach nicht über dir Lippen bringt. Nie ist der richtige Zeitpunkt, nie der richtige Augenblick, immer wieder findet man Ausreden, die einen von der eigenen Feigheit abzulenken vermögen.
Dann sitzt man da und schweigt. Und schließlich wandern wieder die Blicke, bis man sich vielleicht irgendwann bewusst wird, wohin man eigentlich schauen sollte: In die Augen, bevor es zu spät dafür ist.

Saturday, October 08, 2005

Kühlschranklachen

Auf dem Foto steht sie neben ihm und lacht, obwohl sie eigentlich nur lächeln wollte. Das war vor etwa zwei Jahren. Er hat seinen Arm um ihre Schultern gelegt und schaut ein wenig orientierungslos, als ob er gar nicht damit rechnen würde, in diesem Moment fotografiert zu werden.
Das Foto zierte fortan den Kühlschrank der beiden und immer, wenn sie es ansah, da lachte sie wieder. Leiser als auf dem Foto, doch laut genug, um kein Lächeln mehr zu sein.

Nun ist er seit einer Woche nicht mehr da. Seitdem sitzt sie in der Küche und wartet. Sie wartet und starrt auf das Kühlschrankfoto. Dann weint sie, obwohl sie eigentlich lachen will.
Die Kühlschranktür hat sie nicht mehr geöffnet, seit er gegangen ist. Sie isst kaum etwas, nur das längst trockene Brot, was auf dem Küchentisch liegt, an dem sie sitzt und von dem aus sie das Foto betrachtet. Immer und immer wieder. Nur selten steht sie auf. Die ersten drei Nächte schlief sie nicht, in der vierten kurz, am Küchentisch, seitdem gar nicht mehr. Sie sitzt einfach nur da und starrt auf das Foto und weint.

Dann steht er da. Er sagt irgendwas, doch sie schenkt ihm keine Beachtung. Ihre Augen wollen dem Kühlschrankfoto nicht weichen. Seine Stimme wird lauter, keine Reaktion, plötzlich sackt sie bewusstlos in sich zusammen.

Als sie wieder aufwacht, da blickt sie ihn an, als ob sie nicht damit rechnen würde, ihn zu sehen. Sie starrt ihn an und sieht seine Tränen, wie sie von seinem Gesicht auf ihres tropfen. Sie lächelt ihn an, dann lacht er leise, doch laut genug, dass es kein Weinen mehr ist.

Friday, October 07, 2005

Bleibt alles anders

Die Musikindustrie steckt in einer tiefen Krise. Gähn, nichts neues, klar. Das doofe Internet ist schuld, wissen wir ja auch. Nach Jahren voller halbherziger Versuche der Umsatzrückgängen Herr zu werden (CDs ohne Booklet, Verhaftungen von 12-jährigen Tauschbörsenbenutzern, Kopierschutz, der ein Abspielen auf älteren Anlagen gänzlich unmöglich machte usw.) nun endlich mal eine Neuerung, nein, eine Revolution muss man fast sagen, welche die Plattenindustrie wieder auf einen grünen Ast bringen dürfte:



Hammer. Genial. Irre. Alle neuen Tonträger erscheinen nicht mehr montags, sondern an einem Freitag. Brilliant. Die Musik selber hat ja schon seit jeher versucht ihren Hörern klarzumachen, dass Freitage die besseren Montage sind: "I don't like mondays", "Friday I'm in love", "Manic monday", "Thank god, it's friday" sind nur wenige Titel, die sich teilweise bereits zu Beginn der 80er Jahre mit der Thematik "Freitag ist Musiktag" befasst haben. Schließlich gehen da ja auch viel mehr Leute "shoppen", als an diesen doofen Montagen (Achtung: nicht das "Papa ist auf Montage"-Montage, sondern der Plural von Montag!). Und wenn mehr Leute shoppen gehen und so, dann kaufen die ja bestimmt auch mehr CDs und so. Und wenn man die Neuerscheinungen nun bereits am Freitag rausbringt, dann kaufen die mehr Leute. Ist ja schließlich Freitag (und so).

Gut, vielleicht ist die Formulierung "jetzt schon freitags" etwas irreführend. "Schon" suggeriert dem Durchschnitts-Einzelhandelskäufer ja normalerweise, dass etwas früher als ursprünglich vorgesehen geschehe. In unserem Fall hieße das also, Tonträger, die eigentlich nächste Woche montags erscheinen würden, die erscheinen jetzt bereits am Freitag der laufenden Woche. Hm. So viel zur Theorie. Praktisch sieht es jedoch wie folgt aus: Tonträger, die beispielsweise am 10.10. erscheinen sollten, erscheinen nun "schon" am 14.10.

Na ja, gut, vielleicht pendelt sich das mit der Zeit noch ein. Komplexe Umstukturierungen brauchen nun mal etwas, bis sie zur vollsten Zufriedenheit funktionieren. Hat halt jemand "schon" mit "erst" verwechselt, das wird schon noch gerade gebügelt werden, da bin ich mir sicher. Das kriegen die schon hin.

Aber die Hauptsache ist ja auch, dass die CDs nun endlich freitags erscheinen. Was hat man sich schließlich früher geärgert. Da hat man Freitag um 13 Uhr Feierabend, geht gemütlich in die Stadt, will sich das neue Album der Pussycat Dolls zulegen und was ist? Genau, die CD ist gar nicht neu, die steht schon seit Montag im Regal. Okay, kauft man sie halt trotzdem, ist ja gute Musik und so. Freitag ist man schließlich in Shoppinglaune, da kauft man dann auch mal ne vier Tage alte CD.

Vielleicht denken manche erst gar nicht darüber nach, ob das Album, was sie unbedingt haben wollen, nun am Montag oder eben am Freitag erschienen ist. Die hätten es womöglich sogar gekauft, wenn es an einem Donnerstag veröffentlicht worden wäre. An einem DONNERSTAG!!!

Ich lehne mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster (Achtung: Metapher, ich lehne mich nicht wirklich aus dem Fenster. Bildhafte Sprache, soll den sachlichen Text etwas auflockern. Funktioniert es? Ich freue mich immer über Feedback. Sie dürfen mir auch gerne Geld- und Sachgeschenke zukommen lassen. Wie gesagt: ich freue mich stets über Feedback.) jetzt erinnert sich bestimmt wieder keiner, womit ich vor der Klammer angefangen habe, also beginne ich noch mal von vorn: Ich lehne mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster (Kaum hat man das zwei mal in einem Text, schon wirkt es irgendwie abgegriffen und ausgelutscht), indem ich einfach so pauschal mal behaupte, dass es dem Großteil der Plattenkäufer am Arsch vorbei geht, an welchem Tag die CD, die sie gerade gekauft haben, denn nun erschienen sein mag. Falls mir irgendjemand erklären kann, wie die Verschiebung des Veröffentlichungstages (wohlgemerkt nach hinten) den Ab- und Umsatz in die Höhe treiben soll, der möge doch bitte versuchen, mich von meinem Unverständnis zu befreien. Und wehe mir kommt einer mit "Freitag gehen doch mehr Leute einkaufen!". Das ist nicht mal in Ansätzen als Argument anzusehen.

Ich jedenfalls war heute ein paar Stündchen in der Stadt, mal neue Alben von hochtalentierten Künstlern anschaffen. Nach vergeblicher Suche der angeblich heute erschienenen Tonträger fragte ich letztlich an der Information bei einer freundlich anmutenden Dame nach:

Hallo.

- Hi. Ähm, ich suche das neue Album von Fiona Apple, das soll heute rausgekommen sein.

Moment, ich schau mal eben nach. (sie durchsucht fleißig den Computer, 2 Minuten lang, große Sorgfalt also...)
Hm, laut Computer sollte die heute gekommen sein, die war aber nicht dabei.

- Hm, schade. Und das neue Kashmir-Album, ist das denn da?

Moment...(das selbe Prozedere wie zuvor, ich grinse freundlich um mir die Wartezeit zu verkürzen) hm, nee, das selbe Problem wie bei der anderen. Sollte heute kommen, is' aber nicht.

- Oh, sehr schade. Wann ist denn dann damit zu rechnen?

Kann ich nicht eindeutig sagen. Vielleicht kommen die morgen noch nach, oder eben nächste Woche. Ich schätz' mal frühestens am Montag.

- Na ja, ok, vielen Dank.

Kein Problem, tschühüs.

- Jo, tschüs.

Am Montag also. Ausgerechnet. Aber die kriegen das schon noch hin. Irgendwie, irgendwo, irgendwann.

Sunday, October 02, 2005

Tod eines Handlungsunfähigen

Man stelle sich vor, ich hätte das Rad erfunden. Wie wäre mein Leben wohl verlaufen verlaufen verlaufen... (visuelle Darstellung einer imaginären Rückblendensequenz)

Ich, gerade mal 14 Jahre alt geworden, gehe so durch die Straßen meiner Geburtsstadt Clermont Ferrant und frage mich, was könnte ich tun, um diese Straßen lebendiger, ja, belebter zu machen.

Dann die Idee!

Statt des üblichen Pflastersteins sollen fortan die Straßen aus lebendigen Goldhamstern bestehen. Das lockt Kinder und Kinder locken ihre Eltern und Eltern locken das Haar ihrer Kinder, damit sie auch hübsch ausschauen, wenn die anderen Eltern interessiert und neugierig herüberblicken.

Doch schnell kommen auch die Schattenseiten dieser neuen Straßenbaumethode ans Licht. Blutige Kinderfüße, quietschende Hamsterkadaver, erbärmlicher Gestank. Der Plan, die Menschen auf die Straße zu locken, er schlug fatalerweise ins Gegenteil um.

Traurig verstecke ich mich in meinem Kellerzimmer. Ich kauere mich zusammen und versinke in unendlichem Selbstmitleid. Ein Strick wird geknüpft, ich verdiene den Tod, doch plötzlich, diese kreisrunde Schlinge, kreisrund, das ist es, das ist die Idee! Die Idee meines Lebens!

Sofort mache ich mich ans Werk. Aus Holz schnitze ich mit handwerklichem Geschick den Prototypen, den Urvater, das Rad!

Raus aus dem Keller. Iiiih, Tageslicht. Doch nichts kann mich aufhalten. Ich werde meine Erfindung der Öffentlichkeit präsentieren. Ich werde der Menschheit diesen Dienst erweisen.

Begeisterte Reaktionen. Ich werde auf Händen und Füßen getragen. Verträge werden geschlossen. Die Automobilindustrie hat angebissen und ist bereit für meine revolutionären Visionen.

Monate später, ich gehe durch die Straßen, Motorendröhnen erfüllt meine Ohren, Kinderlachen erklingt und verstummt, hier und da quietscht noch ein Hamster, doch es werden weniger, mit jedem Automobil, das vom Band rollt. Immer und immer weniger...

Bei den Verträgen hätte ich vielleicht mehr rausholen können, denk ich so bei mir und löse den Gutschein bei Douglas ein. Be. Just be. Unisex.

Ich gehe nach Hause, zurück in mein verdunkeltes Kellerzimmer, frage mich, ob die Menschheit wirklich schon reif für das Rad war. War es vielleicht doch zu früh? Ein lautes Reifenquietschen von draußen unterbricht jäh meine Gedanken...

Der Ford hat ein Kind erfasst, schleift es 200 km mit, bis es, mittlerweile ohne Haut am Körper, an einer Leitplanke zerschellt. Der Mutter fällt vor lauter Schock glatt der Lockenstab aus der Hand. Als sie mich, mittlerweile bin ich rausgegangen, um mich über das Gequietsche vor meinem fensterlosen Loch zu beschweren, also, als sie mich erblickt, da schnaubt sie die Wut aus ihrer Nase. Es ist offensichtlich. Sie macht mich für den unnötigen Tod ihres Kindleins verantwortlich. Sie hebt den Lockenstab auf und geht schnellen Schrittes erst auf mich zu, dann auf mich los. Sie erwischt mich am Auge, dreht unbarmherzig und fremd jedes Gnadengefühls den Stab herum, bis er schließlich die Großhirnrinde meines, man ahnt es, Gehirns durchstößt. Da schaltet sie auf höchste Stufe und pürriert nahezu völlig den Inhalt meines Schädels. Tod.

...verlaufen verlaufen verlaufen (die Rückblende ist nun vorbei und ich erwache aus meinem Tagtraum).

Ja, so wäre es wohl gewesen, hätte ich das Rad erfunden. Ein Leben auf der Überholspur. Ein Leben in Saus und Braus und in vollen Zügen gelebt, das Leben. Hach. Na ja, um 7 Uhr morgens Blog schreiben ist ja auch nicht schlecht...